Brot und Suppe - Bett und Hemd

Reichtum und Armut nah beieinander

20. März 2016

Reich und Arm nah beieinander: Auf dem Foto sieht man Mitglieder der Forstinninger SPD vor luxussanierten Häusern im Bahnhofsviertel und den Eingang zu einem Bunker, der in manchem Winter für Obdachlose als Schlafstelle freigegeben wird.

Vielen von uns sind sie aufgefallen, manche von uns sind regelmäßige Abnehmer: Die Münchener Obdachlosenzeitung BISS, BürgerInSozialenSchwierigkeiten wird von Profi-Journalisten betreut, die Mitarbeiter sind fest angestellt und die Verkäufer erhalten auch eine Umsatzbeteiligung. Somit hat man schon zwei wichtige Dinge erreicht: Die Zeitung ist tatsächlich interessant und abwechslungsreich zu lesen und etlichen Bürgern in sozialen Schwierigkeiten wird eine Perspektive und neue Selbstachtung geboten.

Trotzdem - wer beschäftigt sich schon gerne mit dem Thema Armut, Obdachlosigkeit, Illegalität? Wen interessieren die Zusammenhänge, die dahin führen? Oder die Möglichkeiten, denen zu helfen, für die eigentlich gar keine Hilfe mehr vorgesehen ist?

Wir wollten dem ein bisschen auf die Spur gehen. Bei der von BISS organisierten Führung haben wir tatsächlich München aus einer Perspektive gesehen, die man eigentlich so gar nicht unbedingt sehen will und vor der man gern die Augen zumacht.

Dabei ist unser Netz hier gut gespannt; solange man eine Meldeadresse und Recht auf Sozialleistungen hat, ist zumindest das Überleben gesichert. Aber was passiert mit denen, die ihren Wohnsitz verloren haben? Oder keinen haben, weil sie sich illegal hier aufhalten? Keine leichte Frage, denn im Prinzip geht es auch hier um eine Art Fluchtproblem:
Um verschuldet oder unverschuldet in absolute Armut zu geraten müssen schon mehrere Probleme zusammentreffen. Verlust der Arbeit, Krankheit, Sucht, Trennung, Verschuldung - ganz schnell kann da zur finanziellen und seelischen Not der Verlust der Wohnung dazukommen. Und wenn man dann keine bezahlbare Unterkunft mehr findet, ist man schon mal obdachlos. Vielleicht hat man es, wie hier in München, noch einigermaßen gut: Es gibt Obdachlosenunterkünften für Männer, Frauen, Familien, es gibt Winterschlafplätze, es gibt Sozialberatungsstellen.

Aber es gibt auch: Das Problem der illegalen Arbeitskräfte, die zumeist aus Südosteuropa hier stranden um dort einer noch größeren Armut zu entgehen.

Nur: Sie haben keine Sprachkenntnisse, werden schamlos ausgebeutet, geraten in kriminelle Machenschaften und verlieren jegliche Menschenwürde.

Und dann gibt es auch noch die Menschen, die kein Anrecht auf Asyl, es aber trotzdem bis hierher geschafft haben. Sie tauchen unter und leben auf der Straße.

Dass wir uns bei der Führung am Hauptbahnhof getroffen haben, ist von daher gesehen kein Zufall. Dort treffen die Schicksale aufeinander, in der Masse anonym, in den verschiedenen Nebengesellschaften jedoch wichtige Nachrichtenbörse, Bezugspunkt und Handelsort. Außerdem gibt es am Hauptbahnhof eine besondere Institution: die Bahnhofsmission. Täglich bereiten die Helfer dort 80 Liter Tee, Unmengen Schmalz- und Butterbrote und jeder, der dort eintritt, kann so erstmal den schlimmsten Hunger stillen und sich aufwärmen. Manchmal bekommt man Duschzeug und ein paar Euro, um die Dusche bei Sanifair benutzen zu können. Außerdem gibt es eine kleine Kleiderkammer, falls, was vorkommt, Menschen so verschmutzt, heruntergekommen oder mit Ausscheidungen bekleckert sind, dass erst mal da geholfen werden muss. 80 bis 100 Beratungen am Tag leisten dann die Sozialarbeiter und Ehrenamtlichen um den Gestrandeten weiterzuhelfen.

Nicht weit vom Hauptbahnhof ist das Kloster St. Bonifaz. Im Haneberghaus wird ebenfalls geholfen ohne zu fragen. Hier darf man schon um 7 Uhr morgens eintreten um sich nach einer durchwachten Nacht aufzuwärmen und Kalorien in Form von Suppe, Gebäck, und einmal wöchentlich eines Bratens aufzunehmen. Außerdem darf man 2 x wöchentlich kostenlos duschen und bekommt neue Ausrüstung für die Straße aus der Kleiderkammer. Regelmäßig können Unversicherte dort die Dienste von Ärzten in Anspruch nehmen. Das ist bitter nötig, denn Tag und Nacht im Freien holt man sich schnell Erkältungen, Parasiten, Hautkrankheiten und alles was mit Mangelernährung, Drogenkonsum und Gewaltdelikten an Verletzungen dazu kommen kann.

Den Allerärmsten ist damit vielleicht ein bisschen geholfen, aber die gesellschaftliche Aufgabe nicht gelöst. Denn Armut kann uns alle treffen und eine menschenwürdige Hilfe haben WIR doch auf alle Fälle verdient!

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